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Glasfaser-Ausbau: Schnelles Netz und neue Verträge

Die halbe Welt surft schon per Glasfaser, hierzulande quälen sich die Nutzer noch mit der veralteten Kupfertechnologie. Das soll sich jetzt aber ändern, und zwar in einem Affentempo.

© Markus Spiske

Die Zeiten des lahmenden Internets neigen sich dem Ende zu. Nachdem die Bundesregierung im vergangenen Jahr mit ihrer »Gigabitstrategie« die Weichen für einen beschleunigten Glasfaserausbau gestellt hat, läuft die Umsetzung in vielen Regionen auf Hochtouren. Bis 2025 soll bereits die Hälfte aller deutschen Haushalte Internet per Glasfaser beziehen können; bis 2030 soll sogar eine flächendeckende Vollversorgung erreicht werden.

Vorteile von Glasfaseranschlüssen

Die optische Datenübertragung per Lichtwellenleiter eliminiert sämtliche bei Kupferkabeln auftretenden Nachteile. Es gibt keine Dämpfungsverluste auf langen Strecken, elektromagnetische Störeinflüsse spielen keine Rolle, die Übertragungsqualität ist gleichbleibend hoch – auch in abgelegenen Gegenden, die in Sachen Internetgeschwindigkeit bisher immer das Nachsehen hatten.

Umsetzung der Pläne

Der Glasfaserausbau in der Breite ist augenscheinlich ein Opt-out-Verfahren, bei dem die Hauseigentümer vom ausführendenden Telekommunikationsunternehmen um Zustimmung gebeten werden, ihr Gebäude kostenlos anschließen zu lassen. Nimmt man es aber genau, ist in § 134 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) ein faktischer Duldungszwang verankert. Zu dieser Unstimmigkeit lässt sich nur mutmaßen, dass die TK-Unternehmen sich ihre ehrgeizigen Ausbaupläne derzeit nicht durch kleinliches Hickhack mit Einzeleigentümern verderben wollen. Sich dem Anschlussangebot zu verweigern, egal ob Eigenheimer oder Vermieter, wäre allerdings fast schon eine Todsünde. Die zeitgemäße Übertragungstechnik wertet das Gebäude auf; ihr Fehlen würde künftig sogar eher als Abwertungskriterium zu Buche schlagen. Für eine Verweigerung gibt es auch keine vernünftigen Argumente. Die Installation bis zum Übergabepunkt im Haus ist im Erstausbau kostenlos (später wohl eher nicht mehr) und beinhaltet auch keine unmittelbare Nutzungsverpflichtung. Wer Internet und Telefon per DSL oder Kabel bezieht und mit der Datenrate (noch)  zufrieden ist, kann sich den Glasfaseranschluss auch erst mal ins Haus legen  lassen und ihn erst bei Bedarf nutzen. 

Technik und Umbaukosten

Die unterirdisch verlegte Glasfaserzuleitung wird in der Regel in den Keller geführt, wo im Einfamilienhaus ein Übergabepunkt, im Mehrfamilienhaus ein Verteiler installiert wird, von dem aus die Glasfaserleitungen dann in die Wohnungen geführt werden. In der Wohnung selbst wird dann ein Router mit Glasfasermodem angeschlossen, über den auch die Festnetztelefonie realisiert wird. 

Hausinterne Verkabelung

Diese hausinterne Verkabelung bis in die Wohnräume (»Fiber to the home«, FTTH) soll aus Sicht des Gesetzgebers Standard sein; daher wurde im § 72 des Telekommunikationsgesetzes auch ein Kostendeckel für die Verlegearbeiten vorgesehen. Pro Wohneinheit darf das ausführende Telekommunikationsunternehmen dafür in den ersten fünf bis maximal neun Jahren ab Installation ein »Bereitstellungsentgelt« von monatlich 5 Euro beim Haus-/Wohnungseigentümer erheben; Vermieter können diese 60 Euro pro Jahr über die Betriebskostenabrechnung weiterreichen (§ 2 Nr. 15c BetriebskostenV). Insgesamt entstehen für die Wohnungsbesitzer über die Laufzeit so Kosten von 300 Euro bis maximal 540 Euro, Letzteres bei einem nachweislich erhöhten Aufwand. 

Alternative Verteilung

Im modernen Einfamilienhaus mit vorhandener Netzwerkverkabelung (LAN) lässt sich das Signal aber auch einspeisen, indem hinter dem Hausübergabepunkt (»Fiber to the building«, FTTB) ein Glasfasermodem vor den bereits vorhandenen Switch installiert wird. Ebenso ist es denkbar, nach dem Modem per LAN-Kabel einen vorhandenen (WLAN-)Router zu versorgen; wobei WLAN an sich bei einer ultraschnellen Gigabit-Anbindung dann aber auch einen Flaschenhals darstellen kann. Bei schlechtem Funkempfang aufgrund bauseitiger Gegebenheiten hilft die schnelle Glasfaser im Keller auch nicht weiter. Ein paar Meter qualitativ hochwertiges Kupfer-LAN-Kabel, und seien es zehn, 20 oder 30, sind dagegen kein nennenswerter Tempo-Killer.

Mieter und Wohnungseigentümer

Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes können Einzeleigentümer die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft zu einem Glasfaseranschluss ihrer Einzelwohnung verlangen (§ 20 Abs. 2 Nr. 4) – es gibt also einen eigenen Rechtsanspruch. Für Mieter stellt sich die Sache schwieriger dar, auch wenn durch Vermarkter bzw. Werbebroschüren suggeriert wird, man könne den Anschluss seiner Wohnung selbst beauftragen. Das ist unzutreffend; denn ohne Zustimmung des Vermieters geht nichts. Insoweit sollte man als Mieter auch keinen Glasfaserinternetvertrag schließen, bevor die Anbindung des Hauses nicht realisiert bzw. verbindlich zugesagt wurde.

Was gilt es bei neuen Verträgen zu beachten?

Mehrkosten

Zu den genannten Bereitstellungsentgelten kommen die Kosten des Vertrags mit dem Internetanbieter. Die Preise dafür sind nach Geschwindigkeit gestaffelt und, will man echtes Gigabit-Internet, dann auch recht teuer. Die Telekom z. B. vermarktet ihren Gigabit-Tarif mit 1000 Mbit/s Download und 200 Mbit/s Upload inkl. Festnetzflat für 79,95 Euro; 1&1 bietet einen identischen Tarif für 69,99 Euro, mit einem Preisnachlass auf 9,99 Euro im ersten halben Jahr.  

Bedarf

Tatsächlich werden die wenigsten Haushalte derartige Geschwindigkeiten brauchen. Würden z. B. fünf Personen an einem Anschluss gleichzeitig Filme in 4K streamen, wäre ein Vertrag über 100 Mbit/s noch ausreichend. Entsprechende Tarife sind bei der Telekom knapp 48 Euro und bei 1&1 für knapp 45 Euro (und mit anfänglichen Rabatten) durchaus erschwinglich. 

Kabelanschlüsse

Kabelanschlüsse dürfen ab Juli 2024 nicht mehr als Betriebskosten abgerechnet werden. Somit enden die Gruppenverträge, welche die Vermieter bisher für die Mieter geschlossen hatten. Da die vorhandene Installation meist erhalten bleibt, können die Mieter selbst Kabelverträge schließen, wenn sie diesen Übertragungskanal weiter wollen. 

Vorsicht bei Abschlüssen

Beim Glasfaserinternet besteht freie Providerwahl. Es ist also denkbar, in einem Telekom-Ausbaugebiet einen Vertrag mit einem anderen Anbieter zu schließen und umgekehrt. Wegen des hohen Beratungsbedarfs werden die Anschlüsse vor allem an der Haustür vermarktet, teils auch von beauftragten Dienstleistern, die nicht immer ganz seriös agieren. Vorsicht also – und notfalls rechtzeitig widerrufen.